Drei Voraussagen für das PR-Jahr 2017
Aus dem Englischen von Alan VanderMolen
Bei unserem allmorgendlichen Telefongespräch erinnert mich mein Vater gern daran, dass Vorhersagen – bei ihm die Wettervorhersage – nur in den seltensten Fällen stimmen. Entweder sind sie ganz daneben („so ein Mist, Alan, es war gar kein Regen vorhergesagt“) oder knapp daneben („so ein Mist, Alan, hätte ich gewusst, dass es nicht so warm wird wie vorausgesagt, dann hätte ich meine Jacke mitgenommen“). Vor diesem Hintergrund zögere ich, etwas zu schreiben, das einer Prognose auch nur ähnelt. Da aber mein Vater nie auf die Wetteransager schimpft, sondern nur auf ihre Aussagen, wage ich es dann doch, einige Prognosen für die PR-Branche für 2017 abzugeben.
Bei meinen Aussagen zu 2017 beziehe ich mich auf den Digitalsektor, den einzigen Bereich der PR-Branche, der in den vergangenen fünf Jahren ständiges Wachstum verzeichnen konnte und der auch auf unserem zukünftigen Weg eine wichtige Rolle spielen wird. Es folgen drei Überlegungen für Agenturen und Kunden.
1. Unstetes Konsumverhalten. Die Innovationen auf sozialen Plattformen (WeChat und WePay), die chinesische Marketingfachleute eingeführt haben, und der globale Siegeszug des mobilen Web sind die Hauptgründe dafür, dass die Effektivität von Content immer häufiger durch direkte Verknüpfung mit Käufen gemessen wird. Das ist im Prinzip sehr positiv, da der Druck zur Kontrolle der Effektivität von PR (insbesondere von Marketing-PR) unverändert hoch ist. Content-Produzenten – ob Inhouse, Agentur, Medien- oder Plattformbetreiber – sind gefordert, den Weg vom Inhalt zum Kauf nachzuzeichnen, oder, wie in China, die direkte Verbindung zwischen Content und Geschäftsvorgang nachzuweisen.
Die konsequente Anwendung dieser Art von Direkt-Marketing-Messungen auf Marketing-PR hat zur Folge, dass die Verbraucher mit absatzorientierter Kommunikation („kaufen Sie das hier“) vs. beziehungsorientierter Kommunikation („unser Unternehmen teilt Ihre Werte“) überrollt werden. Der Beziehungswert von Marken für die Verbraucher wird durch die konkreten Produktvorteile (Funktionalität, Kosten/Nutzen usw.) und die Fähigkeit reduziert, sich über direkt eingebettete Content-Links zum Kauf durchzuklicken. Das führt zu geringerer Kundenloyalität, schwächerer Markenbindung und unsteterem Kaufverhalten innerhalb spezieller Kategorien.
Die Folge für die Anbieter: Sie müssen viel intensiver am Aufbau wertebasierter Beziehungen mit den Verbrauchern arbeiten, die auf das, „Wie“ und „Warum“ abstellen und nicht auf das „Was“.
2. Kommerzialisierung der Kreativleistung. Die fast schon mythische Macht, die die Kreativen im Marketing-Services-Bereich (im Gegensatz zu Kreativleistungen zur Steigerung von Earned Media) über die PR in den vergangenen drei Jahren ausübte, gerät dieses Jahr ins Wanken. Dahinter stecken zwei Entwicklungen.
Erstens, der Vormarsch von „Insights“ (hochrelevanten Informationen) und „Analytics“. Bessere Tools und einfachere Datengewinnung kehren die Machtverhältnisse zwischen Kreation und Marketing jetzt um. Die Kreativen verlieren ihre Vorherrschaft und die Analysten – die modernen Planer, wie ich sie bezeichne – setzen die Marketeers an ihre Stelle. Am Ende werden Marketingspezialisten wesentlich prägnantere Briefings schreiben, die einen schnelleren Turnaround für ganz spezifische Plattformen erfordern. Die Kreativabteilung wird unter starken Preisdruck geraten.
Zweitens, das Angebot wird mit der Nachfrage gleichziehen. Das explosionsartige Wachstum von Plattformen und Geräten, das wir im vergangenen Jahrzehnt beobachten konnten, verlangsamt sich (mit der signifikanten Ausnahme von Wearables). Gleichzeitig erreichen die Investitionen der PR-Agenturen und anderer „Non-Creative Agencies“ den kritischen Punkt. Das früher so begehrte und astronomisch teure beschränkte Angebot an Kreativleistungen nähert sich rasch der Nachfrage an. Das Ergebnis ist, dass die Preise auf der Anbieterseite zugunsten der Kundenseite unter Druck geraten.
Hierbei bleibt unberücksichtigt, was sich im Bereich der künstlichen Intelligenz gerade tut und wie sich diese Technologie auswirkt auf Analysen, Kreativleistungen, Geräte und Plattformen ... Aber das ist Stoff für eine eigene Prognose.
3. Akute Agentur-Persönlichkeitsstörungen. Vor etwa einem Jahr erklärte einer meiner Freunde im digitalen Marketing, dass PR-Agenturen gerne Werbeagenturen wären und Werbeagenturen gerne digitale Agenturen und digitale Agenturen gerne Technologieberater. Vor dem Hintergrund dieser Aussage und angesichts der Akquisitionen/Investitionen, die Management- und Technologie-Beratungen im Bereich Kreativ- und Marketing-Services vornehmen, können wir eine grassierende Agentur-Persönlichkeitsstörung diagnostizieren.
Sehen Sie sich die Werbung auf den Websites großer PR-Agenturen an und vergleichen Sie diese mit der Werbung auf den Websites großer Marketing-Services-Agenturen. Sie werden keine großen Unterschiede in der Eigendarstellung feststellen. Es geht nicht darum, was die eine oder andere Agentur macht oder wofür sie steht. Entscheidend ist, wofür die jeweilige Disziplin (PR oder Marketing) steht und was sie bewirkt. Der Zyniker in mir sagt, dass wir letztlich alle nur Jagd auf Budgets machen – die sich im und um den Bereich digitale Technologien konzentrieren.
Wenn die Grenzen zwischen den Disziplinen verschwimmen, ist das vielleicht gut für den Umsatz einzelner großer Agenturen (beispielsweise können sie in allen Bereichen auf Budget-Jagd gehen, nicht nur im Earned-Media-Bereich). Aber das Fehlen eines definierten Fokus und Serviceangebots ist nicht nur ein Problem für Einkäufer von Marketingleistungen, sondern auch für die Geschäftsführer/Eigentümer von Agenturen und die bestehenden und potenziellen Mitarbeiter, da die geforderten Qualifikationen und Leistungen sich immer mehr angleichen, anstatt zu differenzieren.
Vor dem Hintergrund, dass große Agenturen und die Holdingunternehmen immer ähnlicher werden, werden wir den noch schnelleren Aufstieg der kleinen Spezialboutiquen erleben, die den Branchengiganten Teile der Marketingbudgets globaler Markenunternehmen wegschnappen. Natürlich besitzen die unabhängigen Agenturen nach wie vor beste Voraussetzungen, um sich im langfristigen, differenzierten Markt zu behaupten.
Auf ein erfolgreiches Jahr 2017!