/media/185777/shutterstock_519261436bw.jpg

Kommunikation in einer unsicheren Welt

aus dem Englischen von Jarred du Plessis, WE UK

2016 war ein denkwürdiges Jahr. Angefangen mit Befürchtungen wegen der lahmenden Konjunktur über den Brexit bis zur Wahl von Donald Trump zum nächsten US-Präsidenten. Es ist das Jahr, in den Emotionen offensichtlich wichtiger als Fakten geworden sind. Und wir befinden uns tendenziell auf einem Rückzug ins Private (Familie und Freunde), was Rufe nach mehr Gemeinsinn laut werden lässt.

Ein Begriff, der das Jahr 2016 auf den Punkt bringt, ist Unsicherheit – dieses diffuse Gefühl einer unvorhersehbaren Zukunft, in der Veränderung die einzige Konstante ist. Und wer dabei nicht mitzieht, wird abgehängt.

Dieser Begriff war auch das zentrale Thema einer Veranstaltung von Foresight Factory (FFOnline), an der ich teilgenommen habe. Unter dem Titel Trending 2017 stellte FFOnline Zukunftsprognosen für das kommende Jahr vor. Trendforscher präsentierten ihre Sicht der Welt von heute und zeigten, wie Verbraucher beeinflusst werden. Sie erklärten, was für 2017 und darüber hinaus zu erwarten ist und wie Brands von dieser Dynamik profitieren können.

Hier möchte ich die Erkenntnisse zusammenfassen, die mir am wichtigsten erscheinen.

Wir sind emotionale Wesen

Laut den Prognosen von Forrester für 2017 wird die Beeinflussung von Gefühlen zu einer wichtigen Erfolgskomponente für Unternehmen. #youdoyou (dt. #MachDeinDing) ist rasch zum Hashtag geworden, der dafür steht, dass man stets authentisch bleibt und die Dinge auf seine ganz eigene Weise macht. Aber Menschen, die diesem Trend folgen, spüren oft den Druck, ständig superoriginell sein zu müssen. Sie wollen nicht nur ihr Ding machen, sie wollen es auch immer noch besser machen – und enden in einer Art Paranoia-Spirale. FFOnline Studien zeigen, dass 56 % der Menschen das Gefühl haben, nicht genug zu tun, um sie selber zu sein. Die Folge ist eine innere Zerrissenheit, die die Sache noch schwieriger macht: Der Wunsch, anders zu sein, wird konterkariert vom Streben nach Akzeptanz durch das Umfeld, das maßgeblich beeinflusst, was wir toll finden und was nicht.

Die Menschen wünschen sich heute, dass Brands ihr wahres Ich widerspiegeln. Interessanterweise veröffentlichen die Menschen online alles, solange sie die Kontrolle über die Nachricht behalten können. Wir als Markenbotschafter müssen herausfinden, wie die Kunden angesprochen werden wollen und wie man sie besser einbindet. Dabei gilt es, auf ihre ständigen Stimmungsschwankungen einzugehen. Die Verwendung von Emojis wird sich im kommenden Jahr von 32 % auf 63 %verdoppeln, ein weiteres wichtiges Thema für 2017.

Als Kommunikationsberater ist es unsere Aufgabe, Gefühle effektiv zu messen. Unternehmen wie Sensum ermitteln Reaktionen auf Content noch vor seiner Veröffentlichung. So können Brands schon vor Kampagnenbeginn deren Wirkung messen. Kommendes Jahr werden wir uns wohl sehr intensiv mit der Interpretation von Gefühlen beschäftigen, um unseren Kunden den Weg durch ein emotionales Labyrinth zu weisen.

Hygge oder die Kunst der Auszeit

Eine Lebenseinstellung, die ich bei dem Event (das ich sehr inspirierend fand) kennengelernt habe, nennen die Dänen „Hygge“. Dieser Begriff bedeutet (unter anderem), sich eine Auszeit zu nehmen und in Ruhe nachzudenken. Hygge ist also eine Art Wellness für die Seele. Unstrukturierte Auszeiten, so die Botschaft, können das Gegenmittel zu unserem stressigen Alltag sein, in dem wir unter ständigem Zeitdruck stehen. Beispiele für #Hygge-Aktivitäten gibt es viele: Malbücher für Erwachsene, Urlaub, VR-Headsets (Virtual Reality) und alles, was man unter der Rubrik temporäre (gesunde) Fluchten aus dem Alltag subsummieren könnte.

Was heißt das für Brands? Den Unternehmen eröffnet sich die Chance, mit Hygge-Aktivitäten assoziiert zu werden: alles, was angenehm und bequem ist und was auf das Wohlbefinden abzielt. Die Botschaft dabei: „Du bist nicht faul oder nichtsnutzig, du lebst Hygge!“ Dieser Ansatz birgt viel Potenzial für bestimmte Branchen wie Tourismus und Gastgewerbe. Aber es ist auch eine Gratwanderung: Das, was kommuniziert wird, soll tatsächlich zur Verbesserung der Lebensqualität beitragen und nicht nur eine weitere Ablenkung bringen.

Gesundheit ist ein wichtiger Faktor

Früher galt im Gesundheitsbereich ein eherner Grundsatz: vorbeugen oder heilen. Aber Behinderungen und Krankheiten werden zunehmend anders wahrgenommen. Keywords in diesem Zusammenhang: Selbstoptimierung, der Breitensportler, Selbstdiagnose und Therapie.

Die Innovationen in der Medizintechnik entwickeln sich rasch zum Mittel für mehr Wohlbefinden im Gegensatz zu punktuellen Schnelllösungen. Es stehen heute ungeahnte Möglichkeiten zur Verfügung – denken Sie an IoT-fähige (IoT = Internet of Things) Prothetik oder auch Prothesen aus dem 3D-Drucker. Wichtiger werden zudem wirkmächtige Botschaften zu Selbstoptimierung und Möglichkeiten der Brands, Konsumenten bei der Selbstoptimierung zu helfen.

Es besteht ein latenter Bedarf nach scheinbar „abwegigen“ gesundheitstechnischen Innovationen wie Chip-Implantaten zur Gesundheitsüberwachung. Einige Gruppen stehen dieser Technologie recht offen gegenüber, insbesondere Personen mit Behinderungen oder Gesundheitsproblemen. Dieser ganz spezielle Bereich, in dem KI-Robotik (KI = Künstliche Intelligenz) zukünftig den Menschen ersetzen könnte (angsteinflößend aber mögliche Realität), bietet eine Riesenchance.

Angesichts dieser Aussagen sollten wir uns alle auf ein noch ungewisseres 2017 einstellen und weiterhin Flexibilität beweisen inmitten der unglaublichen Dynamik, die die Kommunikationsindustrie heute und morgen durchlebt ...

Dezember 09, 2016